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Vegetativer Stress

Neben dem eher bekannten Begriff des oxydativen Stresses, der sich auf biochemische Stoffwechselprozesse bezieht und zu einem Ungleichgewicht zwischen oxidierenden und reduzierenden Stoffen führt, was die normalen Reparatur- und Entgiftungsfunktionen der Zelle überfordert, beschreibt der Begriff des vegetativen Stresses ein Ungleichgewicht im sogenannten vegetativen Nervensystem. Das Attribut vegetativ bedeutet in diesem Zusammenhang unbewusst, unwillkürlich, weswegen es auch als autonomes Nervensystem bezeichnet wird.

Neben diesem vegetativen, rund-um-die-Uhr unbewußt und unwillkürlich arbeitenden Nervensystem gibt es in unserem Körper das bewußte, sogenannte somatische Nervensystem, mit dessen sensiblen Nervenfasern wir beispielsweise Schmerzen, Temperatur, Berührung etc. spüren und mit dessen motorischen Nervenfasern wir unsere Muskeln bewußt ansteuern, um damit Arme, Beine usw. zu bewegen. Davon soll hier nicht weiter die Rede sein. Beim vegetativen Stress geht es ausschließlich die Dysbalance im vegetativen Nervensystem.

Was "tut" das vegetative Nervensystem, wofür ist es da?

Nun: die vegetativen Nervenfasern steuern autonom, d. h. unbewusst, unwillkürlich und ohne dass wir uns damit beschäftigen müssen, ein Leben lang, Tag und Nacht, vegetative Prozesse wie z.B. die Darmtätigkeit, die Atem- und Herzfrequenz, die Körpertemperatur, die Weite der Blutgefäße und damit den Blutdruck, die Pupillen des Auges, die Tätigkeit der inneren Organe, die Sekretion der Schweißdrüsen und Verdauungssäfte, die Harnblase und die Genitalien.

Und genauso, wie man bei einem Dimmer im Lichtschalter die Helligkeit im Raum regeln kann, verfügt das vegetative Nervensystem über einen dämpfenden Strang, den sogenannten Parasympathikus oder synonym: Vagusnerv (umgangssprachlich: "Entspannungsnerv") sowie dessen stimulierenden Gegenspieler, den sogenannten Sympathikusnerv (umgangssprachlich: "Stressnerv").

Sind beide Teile des vegetativen Nervensystems im Gleichgewicht, so laufen alle unbewussten Prozesse im Körper regelrecht und energieschonend ab.

Überwiegt der Sympathikotonus, das heißt die Aktivität (Tonus) des Sympathikus, so steigen durch direkte Stimulierung der Gefäße, des Herzens und des Atemzentrum Blutdruck, Puls und die Atemfrequenz. Darüber hinaus setzem die Nebennieren durch die Sympathikusaktivierung Katecholamine (= Stresshormone) wie z. B. Adrenalin frei und der Körper schaltet in den Alarmmodus. Diese Stressreaktion war bei unseren Vorfahren sinnvoll, wenn der Säbelzahntiger auf der Bildfläche erschien und Kampf oder Flucht angesagt war.

Heutzutage treten diese körperlichen Gefahrensituationen seltenener auf, dafür haben die psychischen Stressfaktoren wie z. B. Überforderung am Arbeitsplatz, Termindruck oder familiäre Konflikte zugenommen, wodurch das vegetative Nervensystem über längere Zeiträume aus diesem Alarmmodus gar nicht mehr herauskommt.

Dies führt dann zu kardialen Symptomen wie Herzklopfen oder Herzrasen, einem anhaltend zu hohen Blutdruck sowie vegetativen Symptomen wie Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Muskelverspannungen und im weiteren Verlauf zu Konzentrationsstörungen, Ermüdung (Fatigue) und schließlich Burnout.

Das Vollbild des Burnout ist nach der Anamnese und aufgrund der Symptomatik leicht zu erkennen, im frühen Stadium der Überforderung sind die geschilderten Symptome aber vieldeutig oder werden oftmals übersehen bzw. nicht ernst genommen.

Daher ist es von unschätzbarem Vorteil, dass die Dysbalance im vegetativen Nervensystem in der Praxis des Arztes mit der Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität aus dem EKG gemessen und damit frühzeitig objektiviert werden kann (siehe HRV-Messung).

Darüber hinaus ist die Bestimmung dieser Herzfreqenzvariabilität aber auch mit den modernen Wearables aus der Pulskurve möglich, was jedoch fehleranfällig ist und die Nutzer verängstigen oder in trügerischer Sicherheit wiegen kann, worauf ich unter dem Reiter Wearables hinweise.



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Prof. Dr. med. Thomas Wendt

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